BR - Frédéric Beigbeder - Oona und Salinger




 Titel: Oona & Salinger
 Reihe: -
 Autor: Frédéric Beigbeder
 Genre: Roman
 Verlag: Piper
 Seitenzahl: 303 Seiten
 Preis: 19,99€








Liebe? Please, keine obszönen Wörter, wir sind unter Gentlemen. Am Anfang war auf beiden Seiten allenfalls Neugier. Kann dieser Mensch mir wehtun? Die Liebe ist die Utopie zweier einsamer Egoisten, die sich gegenseitig helfen wollen, um ihre Strafe erträglicher zu machen. Die Liebe ist ein Kampf gegen das Absurde durch das Absurde. Die Liebe ist eine atheistische Religion. Wenn das vorübergehend ist, wo ist das Problem? Das Leben ist es schließlich auch.


Als Jerome David Salinger, später weltbekannt als Autor von "Der Fänger im Roggen", Oona O'Neill trifft, ist sie ein schillernder Stern am Himmel der High-Society. Eines der ersten It-Girls der Geschichte. Ihr Vater ist ein berühmter Dramatiker, zu dem sie aber keinen Kontakt mehr hat. Während Oona es mit ihren Freunden richtig krachen lässt, um die Leere in ihrem Herzen zu überspielen, verspürt der eigenwillige Jerry das Bedürfnis, diese Leere zu füllen und dieses zerbrechliche Mädchen zu beschützen. Einen Sommer lang dauert ihre Romanze, dann meldet sich Jerry wie sein großes Vorbild Hemingway für den Krieg. Während er an der Front ist, geht Oonas Leben weiter. Sie lernt Charlie Chaplin kennen und heiratet ihn - doch für Jerry ist es nicht so leicht, einfach weiterzumachen.

Wie der Autor absolut richtig unterstellt hat, war mir wie vermutlich vielen anderen überhaupt nicht bewusst, dass der uns allen (zumindest namentlich) bekannte J. D. Salinger einmal mit der späteren Frau von Charlie Chaplin liiert war. Beigbeder erzählt die Geschichte einer jungen, intensiven, aber auch zerstörerischen Liebe. Ein Partner lässt los, nachdem die Gefühle abkühlen, der andere kann es nicht. Während Oona mit ihrem leichten Leben weiter macht, versucht als Schauspielerin Fuß zu fassen und sich schließlich in Charlie Chaplin verliebt und ihn heiratet, hockt Jerry in Europa in Schützengräben, robbt durch Matsch, marschiert im eiskalten Regen, sieht, wie Kameraden durch Mienen in Stücke gerissen werden, gehört zu den ersten, die eines der KZs befreien, wird Zeuge all des nackten Grauens dort. Während er sich in dieser ganzen Zeit in Briefen immer wieder an Oona klammert, ihr gleichzeitig seine Liebe gesteht wie er sie niedermacht, weil sie mit ihrem Leben ohne ihn weiter macht, während er all diese Qualen ertragen muss, erzeugt Beigbeder einen Kontrast, der mir richtig unter die Haut gegangen ist. Ein ganzes Kapitel besteht lediglich aus einander gegenüber gestellten Sätzen. Oona spielt Tennis, geht mit Charlie aus, bringt ihr erstes Kind zur Welt, lernt eine neue Sprache - Jerry ist umgeben von Tod und Gewalt, Verlust, Trauer, Angst. Diese einfachen, hintereinander gestellten Sätze waren so eindrucksvoll, dass ich ungelogen eine ordentliche Gänsehaut hatte.
Das Buch habe ich zur Hand genommen, weil ich die Kombination interessant war. Der berühmte Salinger und die Frau, die den umtriebigen Charlie Chaplin gezähmt hat. Doch die Liebesgeschichte der beiden zerbricht bereits nach der Hälfte des Buches - und ich war ehrlich gesagt auch ganz froh drum. Die Romanze der beiden war merkwürdig und bisweilen nicht wirklich nachvollziehbar. Kurz gesagt, Oonas und Jerrys Liebe hat mich nicht erreicht und ich war sehr skeptisch, ob ich mit diesem Buch überhaupt zurecht komme. Nicht nur dass die Dialoge und Szenen zwischen den beiden absurd waren, immer wieder ist Beigbeder auch selbst in Erscheinung getreten, hat mich als Leser direkt angesprochen und beispielsweise aufgefordert mir ein Video von Oona auf youtube anzusehen. Dieses Auftreten des Autors in einem Roman ist doch eher ungewöhnlich. Aber je weiter ich gelesen habe, je weiter sich die Handlung auf den Krieg, die Trennung der beiden und Jerrys Obsession verlagert hat, desto mehr hat es mich gepackt. Ich bin nicht sicher, ob man sagen kann, dass es ein zufriedenstellendes Ende gab. Aber die zweite Hälfte des Buches hat mir dann so gut gefallen, dass sie die erste tatsächlich aufgewogen hat.

Vier Blümchen für einen ungewöhnlich erzählten Roman, der klare Aspekte eines Sachbuchs aufweist, und für den man einfach ein bisschen Durchhaltevermögen mitbringen muss, um belohnt zu werden. Durchbeißen heißt die Devise, dann erwarten einen ein paar wirklich eindrucksvolle Zeilen.


Aussehen: ♥♥♥
 Spannung: ♥♥♥♥
 Schlüssigkeit: ♥♥♥♥
 Emotionale Tiefe: ♥♥♥♥
 Schreibstil: ♥♥♥♥♥










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